Dr. Nils Kößler im Gespräch mit dem Frankfurt Magazin

„Wir sind eine Partei, die ihre Politik auf Basis der Vernunft und der Fakten auslegt.“

Dr. Nils Kößler, Vorsitzender der CDU-Römerfraktion, Spitzenkandidat der Frankfurter CDU für die Kommunalwahl 2021
Dr. Nils Kößler, Vorsitzender der CDU-Römerfraktion, Spitzenkandidat der Frankfurter CDU für die Kommunalwahl 2021
Yannick Schwander für das Frankfurt Magazin: Hallo Herr Kößler, danke für Ihre Zeit in einer turbulenten Situation. Wie nehmen Sie derzeit die Auswirkungen der Corona-Pandemie wahr, und wie wirkt sich diese Krise auf die Stadt aus?

Dr. Nils Kößler: Die Krise mit ihren diversen Auswirkungen traf uns alle im Grunde vollkommen unvorbereitet. Die Stadt musste von heute auf morgen ihre Arbeit vielerorts auf Krisenbewältigung umstellen. Ich bin durchaus der Meinung, dass dies bislang gut gelungen ist. Im Medizinsystem haben wir es geschafft, Kapazitäten auszuweiten und freizuhalten. Das war eine große Aufgabe und sie ist es weiterhin. Die Einschränkungen für das öffentliche Leben sind derzeit enorm, aber ich nehme durchaus wahr, dass sie von der Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen werden. Den meisten ist ihre Verantwortung für ihre Mitmenschen sehr bewusst. Für den städtischen Haushalt sind die Auswirkungen riesig: Rund 500 Millionen Euro fehlen allein an Einnahmen aus der Gewerbesteuer, hier hat glücklicherweise das Land nun ausgeholfen. Aber auch für die kommenden Jahre müssen wir mit Einbrüchen rechnen. Dann lassen Sie uns in die Zukunft blicken. Am Bornheimer Hang sind Sie zum Kapitän der CDU-Mannschaft für die Wahl zur Stadtverordnetenversammlung gewählt worden.

Als Spitzenkandidat verantworten Sie damit auch das Programm der Partei. Was möchten Sie für die Zukunft unserer Stadt erreichen?

Wir brauchen nach der Wahl einige Kurskorrekturen, ganz besonders in der Verkehrspolitik und beim Wohnungsbau. Unser Anspruch als CDU ist dabei, alle Menschen in Frankfurt zu berücksichtigen – und nicht nur einzelne Interessensgruppen. Wir nehmen das Prädikat „Volkspartei“ ernst, was sich sehr klar in der Verkehrspolitik zeigt: Für uns haben alle das Recht, ihr Verkehrsmittel frei zu wählen. Das richtige Motto lautet hier nicht „entweder oder“, sondern „sowohl als auch“. Eine gute Verkehrspolitik plant Autofahrer, Radfahrer, Fußgänger und den Öffentlichen Personennahverkehr gemeinsam ein. Es darf keine Aufteilung in Verlierer und Gewinner geben! Die Basis muss eine durchdachte Gesamtverkehrsplanung für Frankfurt sein. Wir verteufeln das Auto nicht, aber wir wissen auch, dass in einer wachsenden Stadt die Zahl der Kraftfahrzeuge tendenziell zurückgehen muss. Dazu brauchen wir gute ÖPNV-Angebote wie den Lückenschluss der U-Bahn zwischen Ginnheim und Bockenheim mit einer optimalen Anbindung der GoetheUniversität. Die Regionaltangente West muss dringend in Bau gehen, die übrigen Tangenten sind ernsthaft zu planen.

Möglicherweise wissen viele Menschen gar nicht, was die Frankfurter CDU in den vergangenen Jahren erreicht hat. Welche Erfolge hat die CDU denn vorzuweisen?

Ein gutes Beispiel stellt das Thema „Sicherheit und Sauberkeit“ dar – für das Wohlgefühl in einer lebenswerten Stadt ein besonders wichtiger Bereich. Ohne die CDU sähe es da in Frankfurt deutlich schlimmer aus. Sowohl der zuständige Dezernent, Markus Frank, als auch die CDU-Fraktion im Römer haben dieses Thema in der Tradition von Petra Roth fortgeführt und es stets mit höchster Priorität bearbeitet. Beim Oberbürgermeister kamen Sicherheit und Sauberkeit dagegen acht Jahre lang überhaupt nicht vor. Die wirklich wichtigen Maßnahmen haben wir ergriffen. Auch Fortschritte bei der Videoüberwachung von Kriminalitätsschwerpunkten konnten nur auf Druck der CDU in der Koalition durchgesetzt werden. Wir werden da nicht nachlassen. Einen guten Eindruck von unserer Arbeit in den letzten Jahren bekommt man übrigens auf der Website www.cdu-fraktion-ffm.de, und zwar zu allen Themen.

Ein Thema, das seit langer Zeit in Frankfurt heiß diskutiert wird, sind die knappen Wohnungen und die hohen Mieten. Frankfurt als Zentrum des prosperierenden Rhein-Main-Gebiets ist sehr beliebt. Es wird oft beklagt, dass es sich nicht mehr jeder leisten könne, hier zu wohnen. Was sagen Sie dazu?


Wir möchten als CDU, dass alle das für sich passende Wohnangebot in Frankfurt finden können. Entscheidend dafür ist, den Bau neuer Wohnungen spürbar anzukurbeln. Hierfür wollen wir nach der Wahl auch die Erfolgsrezepte aus anderen Städten zusammentragen. Man muss das Rad nicht immer neu erfinden und kann erfolgreiche Modelle durchaus übernehmen. Bei den vielen Wohnungen der städtischen ABG in Frankfurt gilt Folgendes: Die durchschnittliche Miete von acht Euro dort ist eine wichtige soziale Komponente, die wir für die Zukunft absichern möchten. Außerdem wollen wir den bisherigen Weg fortsetzen, dass die ABG bei ihrer Neubautätigkeit geförderten Wohnungsbau mit einem Anteil von deutlich über 40 Prozent realisiert. Wir erachten auch den Pflichtanteil von 30 Prozent gefördertem Wohnraum bei neuem Bauland für private Investoren für richtig. Letztendlich sind wir aber der Meinung, dass gerade Eigentum den besten Schutz vor Mieterhöhungen und ein gutes Mittel zur Altersvorsorge darstellt. Daher möchten wir Förderkonzepte für die Bildung von Wohneigentum ausbauen und neu entwickeln. Noch einmal: Jeder Mensch soll den für sich passenden Wohnraum in unserer Stadt finden können.

Wäre ein Schlüssel dann nicht neues Bauland oder gar eine Gebietsreform?

Wir müssen in Frankfurt konsequent und erfolgsoffen prüfen, wo und wie Bauland neu entwickelt werden kann. Das heißt für uns als CDU übrigens auch immer, die richtige Mischung aus Wohnen und Grün zu finden: Gemeinsam wollen wir unsere Stadt noch lebenswerter und nachhaltiger machen, Betonburgen wird es mit uns nicht geben. Dabei denken wir zugleich an die Menschen vor Ort: Stadtentwicklung muss für diejenigen erträglich sein, die schon hier leben. Eine Gebietsreform durch die Aufnahme von Nachbargemeinden in das Frankfurter Stadtgebiet erscheint mir unrealistisch: Weder sehe ich dafür eine Mehrheit im Hessischen Landtag, noch denke ich, dass dies für unsere Nachbarn vermittelbar ist. In den 70er- und 80er-Jahren gab es große Proteste gegen die damalige Gebietsreform in Hessen, das dürfte heute kaum anders sein. Ein gutes und funktionierendes Mittel ist aber der Planungsverband, in welchem die Gemeinden aus er gesamten Region mitarbeiten. Diese interkommunale Zusammenarbeit ist der Schlüssel für die gemeinsame Entwicklung der Region.

Auch nach der Vorstellung der Ergebnisse des Ideenwettbewerbs für einen neuen Stadtteil im Frankfurter Nordwesten gibt es große Vorbehalte in den dortigen Stadtteilen und den Nachbarkommunen. Wie kann es hier weitergehen, und wäre eine komplette Bebauung des Rebstockareals, wie sie der Vorsitzende des Planungsverbands, Thomas Horn, vorschlägt, eine weitere Lösung.

Das Projektgebiet entlang der Autobahn A5 begann leider mit einer schlechten Kommunikation des Frankfurter Planungsdezernenten gegenüber unseren Nachbargemeinden. Dies hat dann ebenso in den betroffenen Frankfurter Stadtteilen für Unmut gesorgt. Auch nach den jetzt vorgestellten Ergebnissen des Ideenwettbewerbs bleibt die Kommunikation mit den Menschen eine zentrale Aufgabe. Nur so kann der „Stadtteil der Quartiere“ eine Erfolgsgeschichte werden – wie immer er auch am Ende aussehen mag. Das Rebstockareal und seine zukünftige Bebauung befinden sich dem gegenüber schon in der Detailplanung, was die CDU ohne Einschränkungen mitträgt. Eine vollständige Bebauung des Areals lehnt die CDU Frankfurt aber ab. Wir halten vor allem die dort liegenden Kleingärten für sehr wichtig. Teilweise bestehen diese bereits seit 100 Jahren und gerade die Corona-Krise hat gezeigt, wie bedeutsam solche Naherholungsflächen für Menschen sind, die in Geschosswohnungen leben.

Frankfurt ist bekanntlich mehr als die Innenstadt. Was hat die CDU für die Stärkung der Stadtteile vor?

Wir sehen uns dabei ganz in der Tradition der beiden richtungsweisenden Oberbürgermeister, Walter Wallmann und Petra Roth, die immer betonten, dass Frankfurt die Einheit von Innenstadt und Stadtteilen ist. In den vergangenen Jahren hat die CDU die Interessen der Stadtteile stets gesehen und diese mit Vehemenz vertreten. Die Liebenswürdigkeit und viele Traditionen Frankfurts beruhen auf dem Leben dort. Auf der anderen Seite verdankt unsere Stadt ihre Wirtschaftskraft erheblich der Innenstadt, die zugleich Frankfurts Internationalität anschaulich zeigt. Nur gemeinsam ergibt sich daher das vollständige Bild für unsere Heimatstadt. Wir wollen die Stadtteilzentren weiter stärken, um eine dezentrale, wohnortnahe Versorgung für die Menschen zu gewährleisten. Einzelhandel, Arztpraxen und weitere Infrastruktur müssen hier weiterhin ihren Platz haben. Bürgerhäuser sichern als Veranstaltungsorte das Leben in den Stadtteilen Frankfurts und sollten diese Funktion auch in Zukunft wahrnehmen, gerade wenn es andere Räume nicht gibt.

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